Am 3. September wird ab 14 Uhr im Hessischen Landtag die Neufassung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (PsychKHG) von Expertinnen und Experten in einer mündlichen Anhörung behandelt. Zukünftig sollen nach dem Willen von CDU und SPD im Rahmen der Entlassung aus einer psychiatrischen Klinik bei einer möglichen Fremdgefährdung Polizei und Ordnungsamt informiert werden. Mit solchen Listen von Menschen mit psychischen Erkrankungen werden Vorverurteilung und Stigmatisierung befeuert. Dies nimmt die Psychiatriebewegung am 3. September ab 12.30 Uhr zum Anlass, um insbesondere gegen die genannte Verschärfung des §28 Abs. 4 zu protestieren. Die Kundgebung findet zwischen der Wiesbadener Marktkirche und dem Wiesbadener Rathaus statt.
Schon die ersten schriftlichen Stellungnahmen zeigen die vernichtende Kritik von Betroffenen und Fachwelt: Grundlegende Voraussetzung für jede erfolgreiche medizinische Behandlung und soziale Bindungsarbeit stellt Vertrauen dar. Dies ist bei psychischen Erkrankungen, die mit einem hohen Stigmatisierungsgrad verbunden sind, umso mehr der Fall. Mit der nun geplanten Meldepflicht an Ordnungs- und Polizeibehörden wird dieses Vertrauen untergraben, weil Menschen mit psychischen Erkrankungen fürchten müssen nach einer abgeschlossenen stationären Behandlung und gegebenenfalls auch ohne ihr Wissen auf Listen bei Polizei und Ordnungsbehörde ihres Wohnortes erfasst zu werden. Dies wird direkt dazu beitragen, dass Menschen sich nicht mehr frühzeitig Unterstützung und Hilfe suchen, dass sich Erkrankungen chronifizieren und gegebenenfalls eigen- und fremdgefährdende Tatbestände zunehmen werden.
Wenn sich Menschen mit psychischen Erkrankungen einem Generalverdacht ausgesetzt sehen, so werden die gesundheitspolitischen Ziele des PsychKHG konterkariert. Wer tatsächlichen oder vermeintlichen Gefahren durch Menschen mit psychischen Erkrankungen begegnen möchte, sollte präventive und Hilfssysteme personell, finanziell und strukturell ausbauen. Seit Jahren sind in Hessen Krisendienste gesetzlich vorgeschrieben, aber mangels Landesfinanzierung nicht umgesetzt. Auch die psychiatrische Versorgung und Betreuung von insbesondere Kindern und Jugendlichen, aber auch Geflüchteten bleibt in Hessen weit hinter den Bedarfen zurück. Hier besteht Handlungsbedarf, nicht bei der Drangsalierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Die Kundgebung wurde von Die Linke Wiesbaden in Abstimmung der LAG Gesundheit und der LAG Selbstbestimmte Behindertenpolitik der Linken Hessen angemeldet. Sie soll als Plattform für die vielfältigen Akteur:innen der Psychiatriebewegung dienen und ihnen Raum zur Formulierung ihrer Anliegen geben. Rede- und musikalische Beiträge sind unter anderem vom Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen (BPE), dem Frankfurter Forum für psychische Krisenbewältigung, vom Landesverband Psychiatrie-Erfahrene Hessen e.V. und vom studentischen Berufsverbands Deutscher Psychologen und Psychologinnen (BDP-S) angekündigt. Auch die Wiesbadener Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke wird aus kommunaler Sicht zu den Vorschlägen Stellung nehmen.
Die Veranstaltenden haben zudem die gesundheitspolitischen Sprecher:innen der im Landtag vertretenen demokratischen Fraktionen eingeladen ihre Sichtweisen auf den Gesetzentwurf darzustellen und sich der formulierten Kritik zu stellen.
Mittwoch, 3. September ab 12.30 Uhr
Kundgebung ‚Unterstützen statt Stigmatisieren‘ zwischen der Wiesbadener Marktkirche und dem Wiesbadener Rathaus