Aktuell:
Nach einer sowohl nachdenklichen als auch kämpferischen Aussprache zu den Wahlergebnissen vom 22. September hat der hessische Parteitag der LINKEN beschlossen, sich weiter für einen Politikwechsel in Hessen einzusetzen.
Im beschlossenen Antrag heißt es:
„Wir stehen vor und nach der Wahl für einen Politikwechsel im Land. Dies sind unsere Kernbereiche, in denen ein Politikwechsel deutlich werden muss:
- Schaffen von 30.000 Lebensunterhalt sichernden Arbeitsplätzen zu einem Mindestlohn von mindestens 10 Euro, statt prekärer Beschäftigung, mit einer Milliarde Euro jährlich aus der Vermögensteuer.
- Ausbau des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, um Mieten für alle erschwinglich zu halten. Das bedeutet: jährlich 4.000 neue Sozialwohnungen und 2.000 Wohnungen für Studierende und
- eine gute Bildung für alle Kinder in einer Schule für Alle. Das bedeutet: bessere Ausstattung der Kitas und Schulen, in der Legislaturperiode müssen unter anderem 7.000 neue Lehrer_innen eingestellt und Klassen kleiner werden. Die schleichende Ökonomisierung von Schule, wie sie das hessische Schulgesetz vorantreibt, muss überwunden werden.“
Hierzu erklärt der Vorsitzende der Partei DIE LNKE. Hessen, Ulrich Wilken:
„Ich freue mich, dass wir als Partei genauso wie vor der Wahl auch nach der Wahl für einen Politikwechsel in Hessen kämpfen. Allerdings müssen wir auch ganz klar sagen: Die Möglichkeiten eines Politikwechsels in Hessen hängen auch entscheidend von der künftigen Regierungskonstellation in Berlin ab; wenn die Steuerkürzungen nicht zurückgenommen werden, ist ein Politikwechsel in Hessen aus finanziellen Gründen schwer möglich. Dann wird die Spaltung der Gesellschaft mit wachsender Kluft zwischen Arm und Reich weiter voranschreiten. Klar ist: Für Sozial- und Bildungsabbau steht DIE LINKE nicht zur Verfügung.“
Ergebnisse
Leitantrag:
Wir machen Druck: Soziale Gerechtigkeit in Hessen
Wir freuen uns über unseren Wahlerfolg im Bund und in Hessen und werden uns für die Erwartungen und Hoffnungen aller Menschen an uns einsetzen, besonders derer, die einen Politikwechsel herbeisehnen, um aus bedrückenden Lebensverhältnissen herauszukommen. Wir danken allen Wählerinnen und Wählern, die uns unterstützt haben, und freuen uns über viele neue Mitglieder der Partei. Bouffier und die CDU haben keine Mehrheit mehr in Hessen. Deswegen muss diese Regierung abgewählt werden. An der LINKEN wird dies nicht scheitern. Wir sagen allen: Auf DIE LINKE ist Verlass! DIE LINKE steht für einen Politikwechsel in diesem Land.
Einschätzung der Ergebnisse
Sowohl im Bund als auch im Land ist die Vorherrschaft der CDU – ohne eigene par-lamentarische Mehrheit – offenkundig, sowohl im Erringen der Direktmandate, als auch im Zweitstimmenergebnis, im Bund hat sie fast die absolute Mehrheit im Bun-destag erreicht. Der stramme Kurs der Kürzungspolitik und der Bankenrettung wird unter der Führung der neuen Regierung Merkel unerbittlich fortgesetzt werden. Mit der knapp an der 5-Prozent-Sperrklausel gescheiterten AfD verstärkt sich zudem ein scharf, rechtspopulistischer Druck zu noch mehr wirtschafts- und kapitalfreund-licher Politik entstanden. Sorgen müssen sich deswegen die Menschen, insbesondere Arbeiter_innen und Erwerbslosen in Europa, die Arbeit suchenden Jugendlichen und alle Leidtragende der deutschen Europapolitik.
DIE LINKE ist als drittstärkste Fraktion im Bund und zum 3. Mal im Hessischen Landtag vertreten. Dies hat uns kaum jemand zugetraut.
Damit gibt es im Bund wie im Land eine arithmetische Mehrheit links von der CDU, allerdings tun sich SPD und Grüne schwer, diese in ein ausstrahlungsfähiges linkes Projekt umzusetzen. Auf jeden Fall haben SPD und Grüne ihr Wahlziel nicht erreicht, DIE LINKE aus dem hessischen Landtag zu drängen; die SPD hat sich im Wahlkampf ähnlich schroff von CDU und LINKEN distanziert, sie muss nun entscheiden, ob sie Steigbügelhalter für Bouffier sein oder einen wirklichen Politikwechsel vorantreiben will.
Doch die Möglichkeiten eines Politikwechsels in Hessen hängen auch entscheidend von der künftigen Regierungskonstellation in Berlin ab; wenn die Steuerkürzungen nicht zurückgenommen werden, ist ein Politikwechsel in Hessen aus finanziellen Gründen schwer möglich. Dann wird die Spaltung der Gesellschaft mit wachsender Kluft zwischen Arm und Reich weiter voranschreiten.
Viele Grundlagen des Erfolgs
Unser Schulterschluss an der Seite der sozialen Bewegungen, von Gewerkschaften und vielen außerparlamentarischer Initiativen ist und bleibt die Grundlage unseres politischen Wirkens.
DIE LINKE. Hessen hat Kurs gehalten; dies gibt uns jetzt die erneute Möglichkeit nicht nur in Hessen, sondern auch bundesweit – und vor allem im Westen – die Partei DIE LINKE weiter aufzubauen.
Mit dem Blockupy-Aufruf konnten entscheidende Stimmen für uns gewonnen werden und mit dem Gewerkschafter-Aufruf haben wir unsere Verankerung bei den Gewerkschaften unterstrichen. Auch Fluglärmgegner_innen und unsere Präsenz bei den Protesten der Lärmgeplagten haben Anteil an unserem Erfolg.
Entscheidend und erfreulich ist aber auf jeden Fall, dass wir einerseits viele Stim-menzuwächse bei Erst- und Jungwähler_innen haben und gleichzeitig unsere Stimmenanteile bei Erwerbslosen und Arbeiter_innen halten konnten.
Konsequenzen für unsere mittel- und langfristige Politik in Hessen
In erster Linie ist für uns nicht die Stabilität einer Regierung entscheidend, sondern richtige Politik. Wir stehen vor und nach der Wahl für einen Politikwechsel im Land. Dies sind unsere Kernbereiche, in denen ein Politikwechsel deutlich werden muss:
- Schaffen von 30.000 Lebensunterhalt sichernden Arbeitsplätzen zu einem Min-destlohn von mindestens 10 Euro, statt prekärer Beschäftigung, mit einer Milliar-de Euro jährlich aus der Vermögensteuer.
- Ausbau des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, um Mieten für alle erschwinglich zu halten. Das bedeutet: jährlich 4.000 neue Sozialwohnungen und 2.000 Wohnungen für Studierende und
- eine gute Bildung für alle Kinder in einer Schule für Alle. Das bedeutet: bessere Ausstattung der Kitas und Schulen, in der Legislaturperiode müssen unter ande-rem 7.000 neue Lehrer_innen eingestellt und Klassen kleiner werden. Die schlei-chende Ökonomisierung von Schule, wie sie das hessische Schulgesetz vorantreibt, muss überwunden werden.
Wir wollen eine Regierung, die soziale Gerechtigkeit in Hessen in den Mittelpunkt stellt. Wir werden keine Regierung unterstützen, die Sozialabbau und Privatisierun-gen oder Stellenabbau im Öffentlichen Dienst betreibt oder Auslandseinsätze der Bundeswehr unterstützt. Außerdem werden wir nicht zustimmen, dass etwaige Ver-einbarungen in den Kernbereichen des Politikwechsels unter einen Finanzierungs-vorbehalt gestellt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass
- die Härtefallregelung und die Abschiebepraxis wieder liberalisiert werden,
- mehr Flüchtlinge – nicht nur aus Syrien – in Hessen Aufnahme finden,
- alle Gymnasien in Hessen wieder standardmäßig zu G9 zurückkehren,
- die Kooperationsvereinbarung zwischen Bildungsministerium und Bundeswehr aufgehoben wird,
- die kommunale Finanzierung deutlich verbessert wird,
- Hessen im Öffentlichen Dienst wieder zu Normalarbeitsbedingungen zurückkehrt,
- die in der Operation ‚Düstere Zukunft' weggefallenen finanziellen Unterstützungen der Zivilgesellschaft wieder aufzubauen,
- mit einem Vergabegesetz Tariftreue und das Einhalten weiterer Standards (z.B. Mindestlohn, Umwelt- und Arbeitsschutz) gestärkt werden,
- die Hürden für direkte Demokratieformen abgesenkt werden,
- das Landesamt für Verfassungsschutz in eine Informations-und Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie umgewandelt wird,
- Privatisierte Kliniken, wie das Uniklinikum Gießen-Marburg, die HSK oder das Klinikum Offenbach, in die öffentliche Hand zurückgeführt, und feste Personal-schlüssel vereinbart werden,
- die Flugbewegungen auf dem Frankfurter Flughafen erheblich reduziert, die Nachtruhe von 22.00 – 6.00 Uhr eingehalten und Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagert werden sowie die neue Landebahn geschlossen wird,
- Fracking in Hessen verboten wird und
- das Land Hessen Bundesratsinitiativen in Gang bringt zur Wiedereinführung der Vermögensteuer, zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, zum Verbot von Leiharbeit, zur Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze bis zur endgültigen Ab-schaffung der Hartz-Gesetze und zum Rückzug der Bundeswehr aus allen Aus-landseinsätzen.
Im Übrigen gilt unser Wahlprogramm.
Für den Fall, dass echte Veränderungen nicht nur für einzelne Menschen, sondern für Viele in diesem Land möglich sind, werden wir den Mitgliedern unseres Landes-verbandes vorschlagen, in einem Mitgliederentscheid die Unterstützung einer Lan-desregierung der sozialen Gerechtigkeit zu beschließen.
Wir wissen aber, dass gesellschaftliche Veränderung nicht allein aus Parlamenten kommt. Dazu bedarf es außerparlamentarischer Initiativen und Bewegungen, die Druck entfalten.
Mitentscheidend für diesen Wahlerfolg waren auch die letzten Jahre der LINKEN in der hessischen Landespolitik, sowohl parlamentarisch als auch außerparlamenta-risch: Abschaffen der Studiengebühren, parlamentarisches Votum und außerparla-mentarischer Kampf gegen die Schuldenbremse, Engagement an der Seite von Be-wegungen, ob gegen Lärm am Flughafen oder im Rheingau, gegen die Privatisierung des UKGM, die Unterstützung einer Vielzahl gewerkschaftlicher Kämpfe oder gegen Fracking, nicht zuletzt auch die Zusammenarbeit im antikapitalistischen Bündnis "Blockupy Frankfurt", unter widrigsten Umständen und bei massiver polizeilicher Unterdrückung.
Besonders ist aber der unermüdliche Einsatz in allen Orten und Gemeinden für soziale Gerechtigkeit honoriert worden. Überall in Hessen konnten die Wahlkämpfenden auf den Einsatz der LINKEN für die Anprangerung und Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten anknüpfen. Das haben die hessischen Bürger_innen erkannt und anerkannt.
Wir werden in den nächsten Jahren als Partei und Parlamentsfraktion weiter an den drängenden Fragen unserer Zeit arbeiten:
- an einer Alternative zur kapitalistischen Produktionsweise und ihren unsozialen und undemokratischen Macht- und Eigentumsverhältnissen; für eine Gesellschaft, in der nicht das Privateigentum an Produktionsmitteln, Marktkonkurrenz und Profitgier dominieren; für eine Gesellschaft, in der die Wirtschaft den Menschen dient und nicht umgekehrt. Voraussetzung dafür sind die Überführung Banken und Großkonzerne in demokratisch verwaltetes Gemeineigentum und eine Demokratisierung gesellschaftlicher Verwaltungsstrukturen auf allen Ebenen;
- an einer Strategie, die vielen täglichen Konflikte und Kämpfe, die vielen kleinen Erfolge und Zwischenschritte zu einem umfassenden Bruch mit dem Kapitalismus zu führen;
- an einer Strategie zur politischen Einflussnahme für makroökonomischen Aus-gleich zwischen Staaten und einen starken Binnenmarkt. Denn ohne sofortige Aktionen wird es keine wirksame Veränderung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise geben;
- für ein Konzept zur Überwindung bestehender Geschlechterverhältnisse, die über „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit" hinausgeht; für eine feministische politische Praxis, welche die gesellschaftlichen Männerdominanz zurückdrängt;
- an einer politischen Heimat von Menschen, die sich nicht an den schlechten Zustand der Welt gewöhnen, sondern sie verbessern wollen; wir werden uns gegen faschistische und rassistische Ideologien und reaktionäre Organisationen auch weiterhin zur Wehr setzen.
- an der gleichberechtigten Mitarbeit in sozialen Bewegungen, sei es im Rahmen bestehender Strukturen wie Gewerkschaften, Sozialverbänden oder Vereinen, sei es in neu entstehenden Initiativen und Bewegungen – im Stadtteil, in den Betrieben, Schulen und Universitäten;
- an der Stimme der Menschlichkeit, sowohl im Parlament als auch auf Straßen, Plätzen und Betrieben:
- an einer gesellschaftlichen Verankerung der LINKEN.