UPDATE 16.11.2020:
(Beschluss des Landevorstandes auf seiner Sitzung am 14. November 2020)
Die A49 ist ein Straßenbaudinosaurier aus dem letzten Jahrhundert. Das seit dem Jahr 2009 von der CSU geführte Verkehrsministerium will mit Unterstützung der schwarzgrünen Landesregierung diesen nun endgültig umsetzen. Im Zweifel mit Räumpanzern und dem Einsatz mehrerer Tausend Polizeikräfte. Der Autobahnbau steht einer modernen und zukunftssicheren Verkehrspolitik diametral entgegen. Er ignoriert die immer schneller fortschreitende Klimaerhitzung und die deshalb immer dringender werdende Verkehrswende, um den Klimaschutzzielen von Land und Bund gerecht werden zu können.
Der Bau der A49 fußt auf einer längst überholten Mobilitätsstrategie, die – im Schulterschluss mit der Lobby der deutschen Automobilindustrie – auf Privatisierungen und die Nutzung von PKW sowie LKW setzt. Dieser Mobilitätsstrategie ist auch der Rückbau vieler Bahnstrecken in Hessen mit zu verdanken. Seit 1960 sind fast 200 Bahnnebenstrecken für Güter- und/oder Personenverkehr in Hessen stillgelegt worden – allein seit dem Jahr 2000 wurden noch mehr als stillgelegt oder befinden sich im Stilllegungsprozess. Ernsthafte Bestrebungen eine Verkehrswende in Hessen zu erreichen und damit eine Teilhabe für finanziell Ausgegrenzte besser zu ermöglichen sowie eine moderne Verkehrspolitik, die endlich eine gerechte Klimapolitik in Hessen voranbringt, sehen wir in diesem Bauprojekt nicht.
Mobilität ist ein Grundbedürfnis aller und zählt daher für die LINKE in Hessen zur elementaren Daseinsvorsorge. Jeder Mensch muss in unserer heutigen Zeit mobil sein, um Arbeitsplatz, Einkaufsort, Bildungseinrichtung oder Freizeitaktivitäten erreichen zu können. Gerade finanziell ausgegrenzte Bevölkerungsteile – sei es durch Hartz IV, Leiharbeit, oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor – sind auf den Öffentlichen Nah- und Fernverkehr besonders angewiesen. Hohe Beförderungskosten und schlechte Anbindungen, insbesondere in den Ländlichen Räumen, erschwert die soziale Teilhabe und Lebensgestaltung für diese immer größer werdende Bevölkerungsgruppe seit langem erheblich. Das wollen wir ändern. Mobilität muss für jede und jeden ausreichend angeboten und gleichzeitig bezahlbar werden.
Eine Anbindung der Region über die Autobahn bevorzugt das Automobil als Verkehrsmittel und schwächt den ÖP(N)V. Schätzungen gehen von einer Reduzierung der Fahrgastzahlen auf der Main-Weser-Strecke zwischen Neustadt und Treysa von bis zu 40% aus.
Gleichzeitig zieht eine Autobahn, wie die nun im Bau befindliche A49, neue Verkehrsströme über Zubringerstraßen zur Autobahn an. Eine Entlastung der Bundesstraßen B3 und B454 – wie viele von Lärm und Abgas belastete Anwohnenden hoffen und konservative Verkehrspolitiker*innen versprechen – wird kaum zum Tragen kommen. Seit vielen Jahren existieren durchdachte Alternativkonzepte, wie z.B. Umgehungsstraßen der belasteten Ortschaften entlang der B3 und B454 mit hinreichendem Lärmschutz, die jedoch nie ernsthaft geprüft wurden.
Der Bau der A49 gefährdet die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung in Mittelhessen. Bei Stadtallendorf befindet sich ein Wasserschutzgebiet mit einer Trinkwasserbrunnengalerie, das eine halbe Million Menschen im Mittelhessen mit günstigem und sauberem Trinkwasser versorgt. Der Bau gleiche einer „Operation am offenen Herzen“, wie selbst der Zweckverband der Mittelhessischen Wasserwerke (ZMW) betont. Auch ökologisch ist der Bau der A49 nicht zu verantworten. Der Streckenverlauf durch den Dannenröder Wald gefährdet und zerstört möglicherweise ein Biotop, in dem gefährdete und seltene Tierarte ein Zuhause gefunden haben. Auch ist der Dannenröder Wald ein Vorzeigewald, in dem Generationen von Förster*innen aus der ganzen Bundesrepublik eine naturnahe Bewirtschaftung eines Mischwaldes erlernen konnten.
Auch weil eine Vielzahl rechtlicher Bedenken gegen den Bau der A49 bis heute nicht ausgeräumt sind und DIE LINKE. Hessen öffentlich-private Partnerschaftsprojekte (ÖPP) alsmehrfach gescheiterten Irrweg ablehnt, wären die 1,4 Milliarden Euro, die für den Bau der Autobahn veranschlagt sind, deutlich besser im Sinne einer gerechten Verkehrs- und Klimapolitik angelegt.
DIE LINKE. Hessen steht an der Seite der lokalen Bürger*inneninitiativen und Umweltverbänden gegen den Bau der A49. Sie unterstützt vor Ort mit diesen gemeinsam die Proteste junger Aktivist*innen auch aus der „Fridays for Future“-Bewegung.
Und fordert deshalb:
- Sofortiger Baustopp der A49 – Baurecht ist keine Baupflicht!
- Moratorium zum Bau der A49 und ein ernsthaftes Prüfen der vorliegenden Alternativvorschlägen
- Stopp jeglicher Förderung und Verbreitung von ÖPP-Projekten
- Massiver Ausbau des Öffentlichen Nah- und Fernverkehrs insbesondere der Buslinien in ländlichen Räumen mit Anschlusstaktung an den überregionalen Bahnverkehr
- Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken vor Ort, insbesondere der Ohmtalbahn
- Schnelle Reaktivierungen von stillgelegten Bahnstrecken im gesamten Bundesland Hessen
- Ermöglichen und Verbessern des Gütertransports via Schiene, auch durch 69 Neuverlegen von Gütergleistrassen
- Erweiterung der Zuganbindungen von Stadtallendorf Richtung Kassel und Frankfurt 71 auf einen mindestens halbstündigen Takt
- Renaturierung der bereits gerodeten Flächen im Herrenwald, Dannenröder Wald und Maulbacher Wald
- Sofortige Reduzierung der Fahrscheinkosten des ÖP(N)V mit dem Ziel den Nulltarif im gesamten Bundesland umzusetzen
- Überarbeitung des Bundes- und Landesverkehrswegeplans mit dem Ziel Verkehrsströme auf öffentlichen Nah- und Fernverkehr schnellstmöglich umzusteuern
- Deutliche Ausweitung und finanzielle Aufstockung von kommunalen Förderprogrammen für Verkehrswendeprojekte vor Ort
- Öffentlichkeitswirksame Werbekampagnen zum Umstiegt auf den ÖPNV
Beschluss des Parteivorstandes vom 7. November 2020
Wald statt Asphalt - Solidarität mit den Waldbesetzern im Dannenröder Wald
Seit über einem Jahr sind der Dannenröder Wald, der Herrenwald und der Maulbacher Wald in der Nähe von Stadtallendorf in Hessen besetzt. Die teilweise über 200 Jahre alten Wälder sollen abholzt werden, um eine vor 40 Jahren geplante Autobahn zu bauen. Seit 40 Jahren gibt es Widerstand gegen den Weiterbau der A49. Seit dem 1. Oktober werden Aktivisten aus Bäumen und Camps entfernt, Baumhäuser zerstört und die Wälder gerodet.
In einer Zeit, in der sich die Klimakrise immer weiter zuspitzt und wir uns inmitten einem großen Artensterben befinden, ist es absurd, einen gesunden Mischwald abzuholzen, um eine Autobahn zu bauen. Der Bau der A49 würde Wasserschutzgebiete zerstören und wertvolle Flora- und Faunabestände gefährden. Diese können nicht einfach durch Aufforstungsmaßnahmen und Grünbrücken ersetzt werden. Der Autobahnbau steht einer nachhaltigen und zukunftssicheren Verkehrspolitik diametral entgegen. Der Autobahnbau muss gestoppt werden, um eine soziale und ökologische Verkehrswende einzuleiten und, um den Klimaschutzzielen von Land und Bund gerecht werden zu können.
DIE LINKE steht an der Seite der Waldbesetzerinnen und Waldbesetzern, Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden. Sie fordert::
- Sofortiger Baustopp der A49 – Baurecht ist keine Baupflicht!
- Moratorium zum Bau der A49 und ein ernsthaftes Prüfen der vorliegenden Alternativvorschläge
- Massiver Ausbau des Öffentlichen Nah- und Fernverkehrs insbesondere der Buslinien in ländlichen Räumen mit Anschlusstaktung an den überregionalen Bahnverkehr
- Renaturierung der bereits gerodeten Flächen im Herrenwald, Dannenröder Wald und Maulbacher Wald